Verwendung von Versuchstieren im Berichtsjahr 2023

Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hat den gesetzlichen Auftrag, jährlich die von den Versuchstiereinrichtungen erhobenen Daten von den Bundesländern abzufragen, zusammenzustellen und an die Europäische Kommission zu übermitteln. 

Im Jahr 2023 sanken die Zahlen der verwendeten Versuchstiere das vierte Jahr in Folge. Der Rückgang von fast 16 % im Vergleich zum Vorjahr fiel dabei vergleichsweise deutlich aus.

Neben den Zahlen der Tiere, die in Versuchen verwendet wurden, werden in Deutschland jährlich auch die Zahlen der getöteten Tiere gemeldet. Die Anzahl der Tiere, die getötet wurden, um ihre Organe und Gewebe für wissenschaftliche Zwecke zu untersuchen, ging im Vergleich zum Vorjahr um fast 6 % zurück. Auch die Anzahl der getöteten Versuchstiere, die nicht verwendet wurden, sank um rund 22 %. Beide Zahlen werden einmal alle fünf Jahre an die Europäische Kommission übermittelt. Die nächste Übermittlung erfolgt im Jahr 2028 für das Berichtsjahr 2027.

Das BfR veröffentlicht die erhobenen Daten, aufgeschlüsselt nach verschiedenen Themen, in seinem Datenbericht „Zahlen zu den 2023 in Deutschland verwendeten Versuchstieren“, der 48 Tabellen umfasst.

Detaillierte Erläuterung der erhobenen Daten:

Gesamtzahl der verwendeten Tiere im Jahr 2023

In Deutschland wurden im Jahr 2023 rund 1,46 Millionen Wirbeltiere und Kopffüßer in Tierversuchen nach § 7 Abs. 2 Tierschutzgesetz (TierSchG) eingesetzt. Im Vergleich zum Jahr 2022 (knapp 1,73 Millionen Tiere im Versuch) sind die Zahlen damit deutlich um rund 16 % gesunken. Bei der Meldung der verwendeten Versuchstiere wird in erstmalig und erneut verwendete Tiere unterschieden (s. Tabelle 1). Eine erstmalige Verwendung bedeutet, dass die Tiere noch nie in einem Versuchsvorhaben verwendet wurden und zum ersten Mal gemeldet werden. Die erneute Verwendung beschreibt, dass die Tiere schon einmal in einem Versuchsvorhaben verwendet und auch bereits gemeldet wurden. In Tabelle 21 des ausführlichen Datenberichts sind die Zahlen für erstmalig und erneut verwendete Tiere nach Tierarten aufgeschlüsselt.

Zusätzlich werden in Deutschland über die Vorgaben der EU-Versuchstierrichtlinie 2010/63/EU hinaus auch Tiere erfasst, die für wissenschaftliche Zwecke (§ 4 Abs. 3 TierSchG) getötet werden, ohne dass an ihnen zuvor Eingriffe oder Behandlungen vorgenommen wurden – beispielsweise um Organe oder Zellmaterial dieser Tiere zu wissenschaftlichen Zwecken zu verwenden (s. Tabelle 1). 

Im Vergleich zum Jahr 2022 ist diese Zahl um rund 6 % gesunken. Eine genaue Aufstellung der für wissenschaftliche Zwecke getöteten Tiere nach Tierarten findet sich in der Tabelle 47 des Berichts. Die Anzahl der in Versuchen verwendeten Tiere und die Anzahl der zu wissenschaftlichen Zwecken getöteten Tiere ergibt insgesamt rund 2,1 Millionen Verwendungen von Versuchstieren im Jahr 2023. Im Vergleich zu 2022 ist dies ein Rückgang von rund 12,7 %.

Seit dem Berichtsjahr 2021 werden in Deutschland darüber hinaus auch solche Tiere erfasst, die für Tierversuche oder für die wissenschaftliche Verwendung ihrer Organe oder Gewebe gezüchtet, dann aber nicht für solche Zwecke eingesetzt und getötet wurden (s. Tabelle 1). Zu diesen Tieren zählen beispielsweise Nachkommen aus der Zucht genetisch veränderter Linien, die aber nicht die gewünschte Veränderung aufweisen und nicht für wissenschaftliche Zwecke verwendet wurden. Versuchstiere, die beispielsweise für das Hygienemonitoring von Zuchtkolonien getötet wurden, fallen ebenfalls in diese Kategorie. Außerdem sind solche Tiere enthalten, die aus anderen Gründen nicht wissenschaftlich verwendet werden konnten, beispielsweise, weil sie zu alt waren oder nicht das für den Versuch passende Geschlecht aufwiesen.

Im Berichtsjahr 2023 wurden rund 1,37 Millionen solcher nicht verwendeten und getöteten Tiere gemeldet. Im Vergleich zum Jahr 2022 (rund 1,77 Millionen) ist dies ein deutlicher Rückgang von rund 22 %. Eine genaue Aufstellung der nicht verwendeten, getöteten Tiere nach Tierarten findet sich in der Tabelle 48 des Berichts. Die Erfassung dieser Zahlen geht auf eine Änderung der Versuchstiermeldeverordnung zurück, die im August 2021 in Kraft getreten ist. In Deutschland werden seit dem Jahr 2021 die nicht verwendeten, getöteten Versuchstiere jährlich gemeldet. Damit geht Deutschland über die Anforderungen der Europäischen Kommission hinaus, die eine EU-weite Erhebung und Veröffentlichung der Anzahl der für wissenschaftliche Zwecke und ohne Verwendung getöteten Tiere nur alle fünf Jahre vorsieht. Die letzte Veröffentlichung der Europäischen Kommission zu diesen Daten erfolgte im Jahr 2024 und enthielt die Zahlen des Berichtsjahrs 2022 (EU-Bericht). Deutschland schafft mit der Entscheidung, diese Zahlen jährlich zu veröffentlichen, eine erhöhte Transparenz im Umgang mit Tierversuchen und nimmt damit eine Vorreiterrolle innerhalb der EU ein.

Tabelle 1: Gesamtzahl der wissenschaftlich verwendeten Versuchstiere sowie der zu wissenschaftlichen Zwecken getöteten und der nicht verwendeten, getöteten Tiere in den Jahren 2022 und 2023

Zweck                                Anzahl 2022                     Anzahl 2023                    
zu wissenschaftlichen
Zwecken1), verwendete Tiere davon 

erstmalig verwendete Tiere

erneut verwendete Tiere
           
1.725.855


1.700.850

25.005
            
         
1.456.562
          

1.424.848
         
31.714
          
 zu wissenschaftlichen
 Zwecken getötete Tiere2)
711.939 671.958
 Gesamtzahl 2.437.794 2.128.520
 nicht verwendete, getötete Tiere3) 1.769.437 1.373.173

1) Tierversuche gem. § 7 Abs. 2 TierSchG
2) Tiere, die getötet wurden, ausschließlich um Organe oder Gewebe zu wissenschaftlichen Zwecken zu verwenden (gem. § 4 Abs. 3 TierSchG)
3) Tiere, die für wissenschaftliche Zwecke gezüchtet und getötet wurden, aber nicht für solche Zwecke verwendet wurden (gem. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a VersTierMeldV). Die Anzahl dieser Tiere wurde im Berichtsjahr 2021 erstmals im Rahmen der jährlichen Versuchstiermeldung erfasst.

Verwendete Tierarten

Insgesamt sind die Zahlen für Tiere, die 2023 in Versuchen eingesetzt wurden, im Vergleich zum Vorjahr zurückgegangen (Abbildung 1 und Tabelle 2). Bei den prozentualen Anteilen der eingesetzten Tierarten gab es jedoch keine gravierenden Änderungen. Vergleichbar mit den Vorjahren, machten Mäuse 73 % und Ratten etwa 7 % der eingesetzten Tiere aus. Fische (Zebrafische und andere Fischarten) stehen mit 11 % wie schon im Vorjahr an zweiter Stelle der am häufigsten verwendeten Versuchstierarten. Bei Kaninchen ist der Anteil (ca. 5 %) im Vergleich zum Jahr 2022 wie auch im Jahr 2021 um weniger als 1 % gestiegen. Der Anteil an Vögeln (Haushühner und andere Vogelarten) liegt mit rund 1 % der eingesetzten Versuchstiere weiterhin auf einem niedrigen Niveau. Auch der Anteil der sonstigen Versuchstiere ist mit ca. 3 % geringfügig niedriger als im Vorjahr. Die genauen Versuchstierzahlen für die sonstigen Tierarten, gegliedert nach erstmaliger und erneuter Verwendung, können der Tabelle 21 des Berichts entnommen werden.

Abbildung 1: Zahlen und Anteile der im Jahr 2023 in Versuchen (gem. § 7 Abs. 2 TierSchG) verwendeten Tiere nach Tierart.

 

Abbildung 1: Zahlen und Anteile der im Jahr 2023 in Versuchen (gem. § 7 Abs. 2 TierSchG) verwendeten Tiere nach Tierart. Für eine größere Version dieser Abbildung klicken Sie bitte hier (PDF-Datei, 92,75 KB).

Tabelle 2: Vergleich der Zahlen und Anteile der in Versuchen nach § 7 Abs. 2 TierSchG verwendeten Tiere für 2022 und 2023.

Tierart

2022

2023

 

Anzahl

Anteil

Anzahl

Anteil

Mäuse

1.248.790

72,4 %

1.062.632

73,0 %

Ratten

109.936

6,4 %

102.731

7,1 %

Fische

212.371

12,3 %

161.713

11,1 %

Kaninchen

67.125

3,9 %

67.524

4,6 %

Vögel

28.075

1,6 %

20.521

1,4 %

Sonstige

59.558

3,5 %

41.441

2,8 %

Gesamtsumme

1.725.855

100 %

1.456.562

100 %

 
Abbildung 2: Zahlen und Anteile der im Jahr 2023 zu wissenschaftlichen Zwecken getöteten Tieren (gem. § 4 Abs. 3 TierSchG)

Abbildung 2: Zahlen und Anteile der im Jahr 2023 zu wissenschaftlichen Zwecken getöteten Tieren (gem. § 4 Abs. 3 TierSchG). Für eine größere Version dieser Abbildung klicken Sie bitte hier (PDF-Datei, 94,44 KB).

Bei Tieren, die zu wissenschaftlichen Zwecken getötet wurden (s. Abbildung 2), handelt es sich vor allem um Mäuse (86 %) und Ratten (7 %). An dritter Stelle stehen mit rund 5,5 % Fische und an vierter Stelle Vögel (rund 1 %). Kaninchen und sonstige Tierarten liegen dabei insgesamt unter 1 %. Tötungen zu wissenschaftlichen Zwecken werden überwiegend (zu rund 92 %) für die Grundlagenforschung durchgeführt. Die genaue Aufschlüsselung der gem. § 4 Abs. 3 TierSchG getöteten Tiere findet sich in den Tabellen 47-47.2 des Berichts


Abbildung 3: Zahlen und Anteile der im Jahr 2023 nicht verwendeten, getöteten Tieren (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a VersTierMeldV)

Abbildung 3: Zahlen und Anteile der im Jahr 2023 nicht verwendeten, getöteten Tieren (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a VersTierMeldV). Für eine größere Version dieser Abbildung klicken Sie bitte hier (PDF-Datei, 93,81 KB).

Abbildung 3 zeigt die Verteilung der Tierarten bei getöteten Tieren, die zwar zu wissenschaftlichen Zwecken gezüchtet, aber nicht für diese Zwecke verwendet wurden. Auch hier stehen mit knapp 86 % Mäuse an erster Stelle. Fische nehmen mit rund 12 % die zweitgrößte Gruppe ein. Ratten und Krallenfrösche folgen mit jeweils rund 1 % an dritter und vierter Stelle. Kaninchen, Vögel und sonstige Tierarten liegen insgesamt bei unter 1 %. Die nicht verwendeten, getöteten Tiere stammen überwiegend (zu rund 86 %) aus der Zucht von genetisch veränderten Tieren. Da 78 % der Tiere selbst genetisch verändert waren, dürfte es sich überwiegend um genetisch veränderte (Geschwister-)Tiere handeln, die nicht die für die Experimente benötigten Veränderungen aufwiesen. Die genaue Aufschlüsselung der nicht verwendeten, getöteten Tiere findet sich in den Tabellen 48-48.2 des Berichts.

Entwicklung der Zahlen seit dem Jahr 2020

Das BfR erhebt und veröffentlicht die jährlichen Tierversuchszahlen seit der Änderung der Versuchstiermeldeverordnung im Jahr 2021. Das erste vom BfR veröffentlichte Berichtsjahr war das durch die Coronavirus-Pandemie besonders geprägte Jahr 2020. Im Vergleich zum Vorjahr sank im Berichtsjahr 2020 die Zahl der Tierversuche um rund 16 % und die Zahl der Tötungen für Organe und Gewebe um rund 10 %. Insgesamt war damit ein deutlicher Rückgang der Verwendungen von Versuchstieren um fast 13 % zu verzeichnen (s. Abbildung 4). Seitdem ist die Gesamtzahl der Verwendungen weiter, wenngleich weniger stark, gesunken. Bemerkenswert ist, dass der Rückgang in der Verwendung von Versuchstieren im aktuellen Berichtsjahr 2023 mit fast 13 % im Vergleich zum Jahr 2022 wieder an das Niveau von 2020 aufschließt (s. Abbildung 4).

Auch die Anzahl der nicht verwendeten, getöteten Tiere ist im Berichtsjahr 2023 wieder gesunken. Der Rückgang von 22 % fiel zwar weniger stark aus als im Vorjahr (rund 31 %), entspricht aber einer Reduktion um fast 400.000 Tötungen von Versuchstieren im Vergleich zum Jahr 2022.

Abbildung 4: Prozentuale Verteilung der verwendeten Versuchstiere auf die jeweiligen Versuchszwecke für die Jahre 2022 und 2023.

Abbildung 4: Entwicklung und zweijähriger Vergleich der Tierzahlen seit dem Berichtsjahr 2020. Für eine größere Version dieser Abbildung klicken Sie bitte hier (PDF-Datei, 91,70 KB).

Verwendung von Affen und Halbaffen

Die Zahl der in Tierversuchen verwendeten Affen und Halbaffen ist im Vergleich zum Vorjahr um 24 % gesunken und erreichte mit insgesamt 1676 Verwendungen einen Tiefststand. Allerdings waren in den letzten Jahren bei der Anzahl der Verwendungen von Affen starke Schwankungen zu verzeichnen. Die Zahl ging jedoch auch über die letzten fünf Jahre betrachtet zurück – beispielsweise haben sich die Zahlen im Vergleich zum Berichtsjahr 2018 nahezu halbiert (Rückgang von 49 %). Bei Affen und Halbaffen ist zudem der Anteil an erneut verwendeten Tieren im Vergleich zu anderen Tierarten sehr hoch (ca. 11 % erneute Verwendung im Vergleich zu beispielsweise ca. 2 % bei Mäusen und Ratten (s. Tabelle 21 im Bericht). Die Anzahl der im Jahr 2023 erstmals erfassten Affen und Halbaffen ist daher mit 1.489 Tieren geringer als die Anzahl der gemeldeten Tiere im Versuch (1.676). Affen werden überwiegend für regulatorische Zwecke eingesetzt, beispielsweise für die Zulassung von Humanarzneimitteln.

Menschenaffen wurden in Deutschland zuletzt 1991 für wissenschaftliche Zwecke eingesetzt.

Verwendung von Hunden und Katzen

Hunde und Katzen werden unter anderem für gesetzlich vorgeschriebene Versuche und für die angewandte Forschung eingesetzt. Im Berichtsjahr 2023 wurden 2.550 Versuche mit Hunden gemeldet, ein Rückgang um 11 % im Vergleich zum Vorjahr (2.873 Tiere im Versuch). Die Anzahl der Versuche mit Katzen blieb mit 544 Tieren hingegen nahezu stabil (2022: 538 Tiere im Versuch). Die Anzahl der Hunde und Katzen schwankt vergleichsweise stark von Jahr zu Jahr. Mit Blick auf die letzten fünf Jahre lässt sich jedoch feststellen, dass die Anzahl der Tiere im Versuch im Jahr 2023 sowohl an Hunden als auch an Katzen deutlich unterhalb des Mittelwerts der letzten fünf Jahre lag und damit insgesamt abgenommen hat. Der Anteil an erneut verwendeten Tieren ist bei Hunden und Katzen mit rund 57 % (Hunde) und 51 % (Katzen) sehr hoch (siehe auch Tabelle 21 des Berichts). Aus diesem Grund ist die Anzahl der erstmalig erfassten Tiere deutlich geringer als die Anzahl der Tiere im Versuch. Im Jahr 2023 wurden 1.100 Hunde und 269 Katzen, die noch nie vorher gemeldet wurden, in die Statistik aufgenommen.

Verwendung von Fischen (Zebrafische und andere Fischarten)

Im Jahr 2023 wurden 161.713 Fische in Tierversuchen gem. § 7 Abs. 2 TierSchG verwendet. Die Zahl dieser Tiere ist damit im Vergleich zum Vorjahr (212.371 Tiere im Versuch) deutlich gesunken. Fische wurden seit dem Berichtsjahr 2019 vermehrt in Versuchen eingesetzt (347.543 Tiere im Jahr 2019, ein Anstieg von 81 % im Vergleich zum Jahr 2018), seitdem sind die Zahlen kontinuierlich gesunken. Im aktuellen Berichtsjahr 2023 sanken die Zahlen erstmals wieder unter das Niveau vom Jahr 2018 (192.040 Tiere).

Verwendung von genetisch veränderten Tieren

Die absolute Zahl an genetisch veränderten Versuchstieren ist im Jahr 2023 im Vergleich zum Berichtsjahr 2022 um knapp 20 % gesunken (vergl. Tabelle 3). Insgesamt wurden 738.066 genetisch veränderte Tiere im Rahmen von Versuchen verwendet, 180.210 weniger als im Vorjahr (918.276 Tiere). Der Anteil genetisch veränderter Tiere an der Gesamtzahl der Tiere im Versuch lag im Jahr 2023 bei 50,6 %. Damit wurden im Berichtsjahr 2023, wie bereits in den Jahren 2021-2022, mehr genetisch veränderte Tiere eingesetzt als nicht genetisch veränderte Tiere. Im Vorjahr lag der Anteil an genetisch veränderten Tieren jedoch bei 53,2 %. Die Auswirkungen der genetischen Veränderungen auf das Wohlergehen der Tiere blieben im Vergleich zum Vorjahr annähernd konstant; etwa jedes fünfte genetisch veränderte Tier wies Eigenschaften auf, die sich nachteilig auf dessen Wohlergehen auswirkten (s. Tabelle 3). Zum Einsatz kamen hier insbesondere Mäuse (87 %) und Zebrafische (12 %) (genauere Verteilung, s. Tabelle 20 im Bericht). 

Tabelle 3: Zahlen und Anteile der in Versuchen nach § 7 Abs. 2 TierSchG verwendeten genetisch und nicht genetisch veränderten Tieren in den Jahren 2022 und 2023. 

Genetisch veränderte Tiere

           2022

2023     

 

Anzahl

Anteil

Anzahl

Anteil

Nicht genetisch verändert

807.579

46,8 %

718.496

49,3 %

Genetisch veränderte Tiere, davon 

kein phatologischer Phänotyp aufgetreten

pathologischer Phänotyp aufgetreten

918.276


746.933



171.343

53,2 %


43,3 %



9,9 %

738.066


601.916



136.150

50,6 %


41,3 %


9,3 %

Gesamtzahl

1.725.855

100 %

1.456.562

100 %


Schweregrad der Versuche

Der überwiegende Teil der im Jahr 2023 durchgeführten Tierversuche wurde als gering belastend eingestuft (63,8 % der Tiere im Versuch; Abbildung 5). Der Anteil liegt damit nach einem Anstieg im Jahr 2022 wieder auf dem Niveau von vor zwei Jahren (63,2 % im Jahr 2021). Der Anteil der Versuche mit mittlerer Belastung ist mit 27,5 % um rund 2 % im Vergleich zum Vorjahr gestiegen, der Anteil an schwerer Belastung erreichte mit 3,5 % einen Tiefststand im Vergleich zu den Vorjahren. Versuche, die vollständig unter Vollnarkose durchgeführt wurden, aus der die Tiere nicht mehr erwacht sind (keine Wiederherstellung der Lebensfunktion), machten, wie schon im Vorjahr, rund 5 % der Verwendungen aus. Eine genaue Aufstellung der Belastung „Versuchszweck und Tierarten“ findet sich in den Tabellen 22-34 des Berichts.

Abbildung 5: Wissenschaftliche Versuchszwecke 2020 und 2021

Abbildung 5: Schweregrade der im Jahr 2023 durchgeführten Versuche nach § 7 Abs. 2 TierSchG dargestellt nach Tierzahlen und Anteilen. Die entsprechenden Zahlen für das Jahr 2022 können hier eingesehen werden. Für eine größere Version dieser Abbildung klicken Sie bitte hier (PDF-Datei, 93,70 KB).

Wissenschaftliche Versuchszwecke

Obwohl heute schon viele Fragen der Wissenschaft durch den Einsatz von Zellkulturen, Organoiden, mikrophysiologischen Systemen, computergestützten Verfahren und weiteren Alternativmethoden beantwortet werden können, kann derzeit auf den Einsatz von Tieren für wissenschaftliche Zwecke - unter anderem in der medizinischen Forschung - noch nicht verzichtet werden. So dienten rund 59 % der Tierversuche der Grundlagenforschung. Im Vergleich zum Jahr 2022 erhöhte sich damit der Anteil der im Rahmen der Grundlagenforschung eingesetzten Versuchstiere um rund 3 %. Etwa 14 % der Tiere wurden im Rahmen der Erforschung von Erkrankungen von Menschen und Tieren verwendet (Abbildung 6).

Für die Herstellung und Qualitätskontrolle von medizinischen Produkten oder für toxikologische Sicherheitsprüfungen wurden etwa 17 % der Tiere verwendet. Rund 6 % der Tiere wurden für die Erhaltung von Kolonien etablierter genetisch veränderter Tiere benötigt und wurden nicht in weiterführenden Versuchen eingesetzt. Die Anzahl dieser Tiere reduzierte sich um rund 55 % im Vergleich zum Berichtsjahr 2022.

Sonstige Versuchszwecke, wie zum Beispiel zur Arterhaltung und Artenschutz, zur Aus- oder Weiterbildung oder dem Schutz der natürlichen Umwelt, machten rund 4 % der Versuche aus. Die Anzahl der Tiere verteilt auf die einzelnen Versuchszwecke ist detailliert in Tabelle 9 des Berichts dargestellt.

Abbildung 6: Prozentuale Verteilung der verwendeten Versuchstiere auf die jeweiligen Versuchszwecke für die Jahre 2022 und 2023

Abbildung 6: Prozentuale Verteilung der verwendeten Versuchstiere auf die jeweiligen Versuchszwecke für die Jahre 2022 und 2023. Für eine größere Version dieser Abbildung klicken Sie bitte hier (PDF-Datei, 99,73 KB).

Tierversuche in der Grundlagenforschung

Im Jahr 2023 spielten in der Grundlagenforschung insbesondere die Untersuchungen im Bereich des Immunsystems (21 %) und des Nervensystems (19 %) eine Rolle. Im Vergleich zum Vorjahr (PDF-Datei, 127,81 KB) änderten sich die Zahlen nicht wesentlich (s. Tabelle 4). Stärkere Zuwächse ergaben sich lediglich im Bereich der Erforschung des Urogenitalen Systems bzw. des Fortpflanzungssystems. Die Anzahl der für diese Zwecke eingesetzten Versuchstiere erhöhte sich um rund 81 % im Vergleich zum Vorjahr. Detaillierte Angaben, beispielsweise zur Verteilung der Tierarten auf die unterschiedlichen Zwecke innerhalb der Grundlagenforschung, können dem Bericht entnommen werden.

Tabelle 4: Im Rahmen der Grundlagenforschung im Jahr 2023 verwendete Versuchstiere nach Versuchszweck. 

Grundlagenforschung 
       2022
     2023
Versuchszweck
Anzahl      
Anteil     
Anzahl     
 Anteil     
Onkologie
100.095
10,5 %
93.318
11,0 %
Kardiovaskuläres System
(Blut- und Lymphgefäße)
123.963
13,0 %
102.384
12,0 %
Nervensystem
196.884
20,6 %
161.617
19,0 %
Atmungssystem
16.302
1,7 %
13.122
1,5 %
Gastrointestinales System,
einschließlich Leber
38.168
4,0 %
34.567
4,1 %
Muskuloskelettales System
16.640
1,7 %
14.500
1,7 %
Immunsystem
180.649
18,9 %
182.721
21,4 %
Urogenitales System/
Fortpflanzungssystem
25.931
2,7 %
46.932
5,5 %
Sinnesorgane (Haut, Augen, Ohren)
24.333
2,5 %
16.679
2,0 %
Endokrines System/
Stoffwechsel
56.305
5,9 %
52.069
6,1 %
Entwicklungsbiologie
34.965      
3,7 %
26.927
3,2 %
Multisystemisch
109.604
11,5 %
85.674
10,1 %
Ethologie, Tierverhalten, Tierbiologie
25.764
2,7 %
19.415
2,3 %
Andere Grundlagenforschung
7.348
0,8 %
2.284
0,3 %
Gesamtzahl der in Grundlagenforschung
verwendeten Versuchstiere
956.933
100 %
852.209
100 %


Tierversuche in der translationalen und angewandten Forschung

Bei der angewandten Erforschung von Erkrankungen lag im Jahr 2023, wie schon im Vorjahr (PDF-Datei, 127,81 KB), der Schwerpunkt auf dem Bereich der Krebserkrankungen des Menschen. Stärkere Zuwächse ergaben sich bei der Entwicklung von Therapien gegen Erkrankungen des Urogenitalen Systems des Menschen sowie bei kardiovaskulären und Atemwegserkrankungen (s. Tabelle 5). Mehr als halbiert hat sich im Vergleich zum Vorjahr die Zahl der Versuchstiere, die im Bereich von Tierkrankheiten eingesetzt wurden. Detaillierte Angaben, beispielsweise zur Verteilung der Tierarten auf die unterschiedlichen Zwecke innerhalb der translationalen Forschung, können dem Bericht entnommen werden.

Tabelle 5: Im Rahmen der translationalen und angewandten Forschung im Jahr 2023 verwendeten Versuchstiere nach Versuchszweck. 

Tiere in der translationalen und 
angewandten Forschung 
2022 2023
  Anzahl       Anteil      Anzahl  Anteil 
Krebserkrankungen des Menschen 100.724 42,0 % 81.992 39,3 %
Infektionskrankheiten des Menschen 25.034 10,4 % 24.748 11,9 %
Kardiovaskuläre Erkrankungen des Menschen 9.743 4,1 % 11.300 5,4 %
Nerven- und Geisteserkrankungen des Menschen 28.101 11,7 % 25.367 12,2 %
Atemwegserkrankungen des Menschen 5.732 2,4 % 6.325 3,0 %
Gastrointestinale Erkrankungen des Menschen,
einschließlich der Leber
4.320 1,8 % 4.656 2,2 %
Muskuloskelettale Erkrankungen des Menschen 4.148 1,7 % 2.786 1,3 %
Immunerkrankungen des Menschen 13.202 5,5 % 13.166 6,3 %
Erkrankungen des urogenitalen/
des Fortpflanzungssystems des Menschen
3.200 1,3 % 4.447 2,1 %
Erkrankungen der Sinnesorgane
(Haut, Augen und Ohren) des Menschen
4.014 1,7 % 2.412 1,2 %
Erkrankungen des endokrinen Systems/
des Stoffwechselsystems des Menschen
10.322 4,3 % 9.275 4,4 %
Andere Humanerkrankungen 1.149 0,5 % 873 0,4 %
Tierkrankheiten 12.494 5,2 % 5.906 2,8 %
Tierernährung 4.348 1,8 % 4.643 2,2 %
Tierschutz 5.945 2,5 % 5.365 2,6 %
Krankheitsdiagnose 1.018 0,4 % 533 0,3 %
Pflanzenkrankheiten 0 0,0 % 53 0,0 %
Nicht-regulatorische Toxikologie
und Ökotoxikologie
6.391 2,7 % 4.687 2,2 %
Gesamtzahl der in der angewandten Forschung
verwendeten Versuchstiere
239.885 100 % 208.534 100 %

 

Rückblick: Versuchstierzahlen 2009 bis 2020

Im Jahr 2020 hat das BfR erstmals die nach der Versuchstiermeldung erhobenen Daten veröffentlicht. Die Auswertungen können hier abgerufen werden.

Eine Darstellung der Verwendung von Tieren in Tierversuchen der Jahre 2009 bis 2019 sowie detaillierte Vergleichsdaten bietet die Webseite des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL), das in dieser Zeit für die Veröffentlichung der Daten zuständig war. 

Zu den Tierversuchsdaten 2009-2019

Aktivitäten zur Förderung des 3R-Prinzips (replacement, reduction, refinement)

Die Bundesrepublik Deutschland ist bestrebt, die Anzahl verwendeter Tiere in Versuchen zu senken. Aus diesem Grund werden verschiedene Maßnahmen ergriffen, Tierversuche möglichst schnell durch Alternativmethoden zum Tierversuch zu ersetzen. Dazu zählen wissenschaftliche Maßnahmen, die durch das Deutsche Zentrum zum Schutz von Versuchstieren (Bf3R) am Bundesinstitut für Risikobewertung umgesetzt und gefördert werden. Die Maßnahmen umfassen auch die Forschungsförderung durch die Stiftung zur Förderung der Erforschung von Ersatz- und Ergänzungsmethoden zur Einschränkung von Tierversuchen (set), verschiedene Fördermaßnahmen des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) zur Entwicklung von Alternativmethoden zum Tierversuch sowie die jährliche Vergabe des Tierschutzforschungspreises des BMEL.

Hintergrundinformation zur Erhebung der Versuchstierzahlen

Am 9. November 2010 ist die EU-Versuchstierrichtlinie 2010/63/EU in Kraft getreten. Deren Umsetzung in nationales Recht im Jahr 2013 hat auch eine Neufassung der Versuchstiermeldeverordnung mit einer Ausweitung der Meldepflicht über die Verwendung von Versuchstieren erforderlich gemacht. So ist seitdem auch die Verwendung von Kopffüßern (beispielsweise Kalmare und Kraken), Larven von Wirbeltieren und die Zucht genetisch veränderter Tiere zu melden. Außerdem ist auch der Schweregrad der Schmerzen, Leiden oder Schäden (keine Wiederherstellung der Lebensfunktion, gering, mittel, schwer), dem die Tiere durch die Verwendung insgesamt ausgesetzt waren, zu übermitteln. Die Erfassung der Verwendung von Tieren in Tierversuchen im Jahr 2014 erfolgte erstmals entsprechend dieser Vorgaben. Am 11. August 2021 wurde die Versuchstiermeldeverordnung dahingehend erweitert, dass nun auch die jährliche Meldung von Tieren, die für wissenschaftliche Zwecke gezüchtet und getötet wurden, aber nicht für solche Zwecke verwendet wurden, erforderlich ist. Die Erfassung der Zahl der sogenannten „nicht verwendeten, getöteten“ erfolgte erstmals für das Berichtsjahr 2021.

Die Europäische Kommission bietet seit 2021 eine durchsuchbare, frei zugängliche Datenbank zur Versuchstierstatistik an (siehe Artikel 54 der EU-Versuchstierrichtlinie 2010/63/EU). Die ALURES-Datenbank enthält statistische Daten über die jährliche Verwendung von Versuchstieren innerhalb der Europäischen Union. Dort ist zudem ein Erklär-Video veröffentlicht, das detaillierte Informationen über den Umgang mit der Datenbank bietet.


Kontakt

E-Mail
versuchstiermeldung@bfr.bund.de

Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL)

Eine Einrichtung im Geschäftsbereich des
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