Verwendung von Versuchstieren im Berichtsjahr 2022

Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hat den gesetzlichen Auftrag, jährlich die von den Versuchstiereinrichtungen erhobenen Daten von den Bundesländern abzufragen, zusammenzustellen und an die Europäische Kommission zu übermitteln.

Auch im Jahr 2022 sind die Zahlen der verwendeten Versuchstiere im Vergleich zu den Vorjahren weiter gesunken.

Neben den Zahlen zur Verwendung von Tieren in Versuchen werden in Deutschland jährlich auch die Zahlen der Tiere erfasst, die getötet werden, um ihre Organe und Gewebe für wissenschaftliche Zwecke zu untersuchen. Seit dem Jahr 2021 wird darüber hinaus auch die Anzahl der getöteten Versuchstiere erfasst, die nicht verwendet wurden. Beide Zahlen werden alle fünf Jahre an die Europäische Kommission übermittelt. Für das Berichtsjahr 2022 ist die Übermittlung bereits erfolgt.

Detaillierte Erläuterung der erhobenen Daten:

Gesamtzahl der verwendeten Tiere im Jahr 2022

In Deutschland wurden im Jahr 2022 rund 1,73 Millionen Wirbeltiere und Kopffüßer in Tierversuchen nach § 7 Abs. 2 Tierschutzgesetz (TierSchG) eingesetzt. Im Vergleich zu 2021 (knapp 1,86 Millionen Tiere im Versuch) sind die Zahlen damit um rund 7 % gesunken. Bei der Meldung der verwendeten Versuchstiere wird in erstmalig und erneut verwendete Tiere unterschieden (s. Tabelle 1). Eine erstmalige Verwendung bedeutet, dass die Tiere noch nie in einem Versuchsvorhaben verwendet wurden und zum ersten Mal gemeldet werden.  Die erneute Verwendung beschreibt, dass die Tiere schon einmal in einem Versuchsvorhaben verwendet und auch bereits gemeldet wurden. In Tabelle 21 des ausführlichen Berichts sind die Zahlen für erstmalig und erneut verwendete Tiere nach Tierarten aufgeschlüsselt.

Zusätzlich werden in Deutschland über die Vorgaben der EU-Versuchstierrichtlinie 2010/63/EU hinaus auch Tiere erfasst, die für wissenschaftliche Zwecke (§ 4 Abs. 3 TierSchG) getötet werden, ohne dass an ihnen zuvor Eingriffe oder Behandlungen vorgenommen wurden – beispielsweise um Organe oder Zellmaterial dieser Tiere zu wissenschaftlichen Zwecken zu verwenden (s. Tabelle 1). Im Vergleich zum Jahr 2021 ist diese Zahl um fast 11 % gestiegen. Eine genaue Aufstellung der für wissenschaftliche Zwecke getöteten Tiere nach Tierarten findet sich in der Tabelle 47 des Berichts. Die Anzahl der in Versuchen verwendeten Tiere und die Anzahl der zu wissenschaftlichen Zwecken getöteten Tiere ergibt insgesamt rund 2,4 Millionen Verwendungen von Versuchstieren im Jahr 2022. Im Vergleich zu 2021 ist dies ein Rückgang von rund 2,6 %.

Seit dem Berichtsjahr 2021 werden in Deutschland darüber hinaus auch solche Tiere erfasst, die für Tierversuche oder für die wissenschaftliche Verwendung ihrer Organe oder Gewebe gezüchtet wurden, dann aber nicht für solche Zwecke eingesetzt und getötet wurden (s. Tabelle 1). Zu diesen Tieren zählen beispielsweise Nachkommen aus der Zucht genetisch veränderter Linien, die aber nicht die gewünschte Veränderung aufweisen und nicht für wissenschaftliche Zwecke verwendet werden konnten. Versuchstiere, die beispielsweise für das Hygienemonitoring von Zuchtkolonien getötet wurden, fallen ebenfalls in diese Kategorie. Außerdem sind solche Tiere enthalten, die aus anderen Gründen nicht wissenschaftlich verwendet werden konnten, beispielsweise, weil sie zu alt waren oder nicht das für den Versuch passende Geschlecht aufwiesen.

Im Berichtsjahr 2022 wurden rund 1,77 Millionen nicht verwendete Tiere gemeldet. Im Vergleich zum Jahr 2021 (rund 2,55 Millionen) ist dies ein deutlicher Rückgang von knapp 31 %. Eine genaue Aufstellung der nicht verwendeten, getöteten Tiere nach Tierarten findet sich in der Tabelle 48 des Berichts. Die Erfassung dieser Zahlen geht auf eine Änderung der Versuchstiermeldeverordnung zurück, die im August 2021 in Kraft getreten ist. Deutschland erhebt seit dem Jahr 2021 jährlich die nicht verwendeten, getöteten Versuchstiere und geht damit über die Anforderungen der Europäischen Kommission hinaus, die eine EU-weite Veröffentlichung der Anzahl der für wissenschaftliche Zwecke und ohne Verwendung getöteten Tiere nur alle fünf Jahre vorsieht. Die letzte Veröffentlichung der Europäischen Kommission zu diesen Daten erfolgte im Jahr 2020 und enthielt die Daten des Berichtsjahr 2017 (EU-Bericht). Die aktuellen Daten aus Deutschland für das Berichtsjahr 2022 wurden bereits an die Europäische Kommission übermittelt und werden in den nächsten Bericht der Europäischen Kommission einfließen. Deutschland schafft mit der Entscheidung, diese Zahlen jährlich zu veröffentlichen, eine größtmögliche Transparenz beim Umgang mit dem Thema Tierversuche und nimmt damit eine Vorreiterrolle innerhalb der EU ein.

Tabelle 1: Gesamtzahl der wissenschaftlich verwendeten Versuchstiere sowie der zu wissenschaftlichen Zwecken getöteten und der nicht verwendeten, getöteten Tiere in den Jahren 2021 und 2022

Zweck                                Anzahl 2021                     Anzahl 2022                    
zu wissenschaftlichen
Zwecken1), verwendete Tiere davon 

erstmalig verwendete Tiere

erneut verwendete Tiere
           
1.859.475


1.811.866

47.609
            
         
1.725.855
          

1.700.850
         
25.005
          
 zu wissenschaftlichen
 Zwecken getötete Tiere2)
644.207 711.939
 Gesamtzahl 2.503.682 2.437.794
 nicht verwendete, getötete Tiere3) 2.554.560 1.769.437

1) Tierversuche gem. § 7 Abs. 2 TierSchG
2) Tiere, die getötet wurden, ausschließlich um Organe oder Gewebe zu wissenschaftlichen Zwecken zu verwenden (gem. § 4 Abs. 3 TierSchG)
3) Tiere, die für wissenschaftliche Zwecke gezüchtet und getötet wurden, aber nicht für solche Zwecke verwendet wurden (gem. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a VersTierMeldV). Die Anzahl dieser Tiere wurde im Berichtsjahr 2021 erstmals im Rahmen der jährlichen Versuchstiermeldung erfasst.

Verwendete Tierarten

Insgesamt sind die Zahlen für Tiere, die 2022 in Versuchen eingesetzt wurden, im Vergleich zum Vorjahr zurückgegangen (Abbildung 1 und Tabelle 2). Bei den prozentualen Anteilen gab es jedoch nur geringe Änderungen. Bei etwa 79 % der eingesetzten Versuchstiere handelt es sich um Nagetiere, vor allem um Mäuse und Ratten. Dabei machen Mäuse etwa 72 % und Ratten etwa 6 % der eingesetzten Tiere aus. Der Anteil an Mäusen ist im Jahr 2022 damit im Vergleich zum Vorjahr gleichgeblieben, bei Ratten ist der Anteil dagegen um rund 1 % gesunken. Fische (Zebrafische und andere Fischarten) stehen mit 12 % wie schon im Vorjahr an zweiter Stelle der am häufigsten verwendeten Versuchstierarten. Bei Kaninchen ist der Anteil (ca. 4 %) im Vergleich zum Jahr 2021 um weniger als 1 % gestiegen. Der Anteil an Vögeln (Haushühner und andere Vogelarten) ist mit rund 2 % im Vergleich zum Vorjahr nahezu gleichgeblieben. Eine Zunahme gab es, anders als in den beiden Vorjahren, bei den Tierversuchen mit Affen und Halbaffen (genauere Zahlen s. u.). Der Anteil der sonstigen Versuchstiere liegt mit ca. 4 % ebenfalls leicht unter dem Vorjahresniveau. Die genauen Versuchstierzahlen für die sonstigen Tierarten, gegliedert nach erstmaliger und erneuter Verwendung, können der Tabelle 21 des Berichts entnommen werden.

Abbildung 1: Zahlen und Anteile der im Jahr 2021 verwendeten Tierarten in Tierversuchen (gem. § 7 Abs. 2 TierSchG)

 

Abbildung 1: Zahlen und Anteile der im Jahr 2022 in Versuchen (gem. § 7 Abs. 2 TierSchG) verwendeten Tiere nach Tierart. Für eine größere Version dieser Abbildung klicken Sie bitte hier (PDF-Datei, 1,49 MB).

Tabelle 2: Vergleich der Zahlen und Anteile der in Versuchen nach § 7 Abs. 2 TierSchG verwendeten Tiere für 2021 und 2022.

Tierart

2021

2022

 

Anzahl

Anteil

Anzahl

Anteil

Mäuse

1.342.779

72,2 %

1.248.790

72,4 %

Ratten

135.022

7,3 %

109.936

6,4 %

Fische

226.094

12,2 %

212.371

12,3 %

Kaninchen

62.771

3,4 %

67.125

3,9 %

Vögel

26.745

1,4 %

28.075

1,6 %

Sonstige

66.064

3,6 %

59.558

3,5 %

Gesamtsumme

1.859.475

100 %

1.725.855

100 %

 
Abbildung 2: Zahlen und Anteile der im Jahr 2022 zu wissenschaftlichen Zwecken getöteten Tierarten in Tierversuchen (§ 4 Abs. 3 TierSchG)

Abbildung 2: Zahlen und Anteile der im Jahr 2022 zu wissenschaftlichen Zwecken getöteten Tieren (gem. § 4 Abs. 3 TierSchG). Für eine größere Version dieser Abbildung klicken Sie bitte hier (PDF-Datei, 1,49 MB).

Bei Tieren, die zu wissenschaftlichen Zwecken getötet wurden (s. Abbildung 2), handelt es sich vor allem um Mäuse (87 %) und Ratten (7 %). An dritter Stelle stehen mit rund 5 % Fische und an vierter Stelle Vögel (rund 1 %). Kaninchen und sonstige Tierarten liegen bei insgesamt unter 1 %. Die genaue Aufschlüsselung der gem. § 4 Abs. 3 TierSchG getöteten Tiere nach Tierarten findet sich in Tabelle 47 des Berichts.


Abbildung 3: Zahlen und Anteile der im Jahr 2022 nicht verwendeten, getöteten Tiere (gem. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a. VersTierMeldV)

Abbildung 3: Zahlen und Anteile der im Jahr 2022 nicht verwendeten, getöteten Tieren (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a VersTierMeldV). Für eine größere Version dieser Abbildung klicken Sie bitte hier (PDF-Datei, 1,49 MB).

Abbildung 3 zeigt die Verteilung der Tierarten bei getöteten Tieren, die zwar zu wissenschaftlichen Zwecken gezüchtet, aber nicht für diese Zwecke verwendet wurden. Auch hier stehen mit knapp 85 % Mäuse an erster Stelle. Fische nehmen mit rund 12 % die zweitgrößte Gruppe ein. Ratten und Krallenfrösche folgen mit jeweils knapp über 1 % an dritter und vierter Stelle. Kaninchen, Vögel und sonstige Tierarten liegen insgesamt unter 1 %. Die genaue Aufschlüsselung der nicht verwendeten, getöteten Tiere nach Tierarten findet sich in Tabelle 48 des Berichts.

Verwendung von Affen und Halbaffen

Die Zahl der in Tierversuchen verwendeten Affen und Halbaffen ist im Jahr 2022 vergleichsweise deutlich gestiegen, nachdem in den letzten zwei Jahren (2020 und 2021) ein starker Rückgang zu verzeichnen war. Im Jahr 2022 wurden insgesamt 2.204 Affen und Halbaffen im Versuch gemeldet und damit 17 % mehr als 2021 (1.886 Tiere im Versuch). Bei Affen und Halbaffen ist der Anteil an erneut verwendeten Tieren im Vergleich zu anderen Tierarten sehr hoch (ca. 10 % erneute Verwendung im Vergleich zu beispielsweise ca. 1-3 % bei Mäusen und Ratten (s. Tabelle 21  im Bericht). Die Anzahl der im Jahr 2022 erstmals erfassten Affen und Halbaffen ist daher mit 1.978 Tieren geringer als die Anzahl der gemeldeten Tiere im Versuch (2.204). Affen werden überwiegend für regulatorische Zwecke eingesetzt, beispielsweise für die Zulassung von Humanarzneimitteln.

Menschenaffen wurden in Deutschland zuletzt 1991 für wissenschaftliche Zwecke eingesetzt.

Verwendung von Hunden und Katzen

Hunde und Katzen werden unter anderem für gesetzlich vorgeschriebene Versuche und für die angewandte Forschung eingesetzt. Im Berichtsjahr 2022 wurden 2.873 Hunden im Versuch gemeldet, 8 % mehr als im Jahr 2021 (2.657 Tiere im Versuch). Die Anzahl der Katzen im Versuch sank hingegen um rund 38 % deutlich im Vergleich zum Vorjahr (2021: 862 Tiere im Versuch). Die jährliche Anzahl der Hunde und Katzen im Versuch schwankt vergleichsweise stark von Jahr zu Jahr. Mit Blick auf die letzten Jahre lässt sich jedoch feststellen, dass die Anzahl der Hunde und Katzen unterhalb des Mittelwerts der letzten fünf Jahre lag. Auch bei Hunden und Katzen ist der Anteil an erneut verwendeten Tieren mit 50 % (Hunde) und 60 % (Katzen) sehr hoch (siehe auch Tabelle 21 des Berichts). Aus diesem Grund ist auch die Anzahl der erstmalig erfassten Tiere deutlich geringer als die Anzahl der Tiere im Versuch. Im Jahr 2022 wurden 1.440 Hunde und 214 Katzen erstmalig gemeldet.

Verwendung von Fischen (Zebrafische und andere Fischarten)

Im Jahr 2022 wurden 212.371 Fische in Tierversuchen gem. § 7 Abs. 2 TierSchG verwendet. Die Zahl dieser Tiere ist damit im Vergleich zum Vorjahr (226.094 Tiere im Versuch) leicht gesunken.

Verwendung von genetisch veränderten Tieren

Die absolute Zahl an genetisch veränderten Versuchstieren ist im Jahr 2022 im Vergleich zum Berichtsjahr 2021 gesunken (s. Tabelle 3). Insgesamt wurden 918.276 genetisch veränderte Tiere im Rahmen von Versuchen verwendet, rund 35.000 weniger als im Vorjahr (952.837 Tiere). Der Anteil genetisch veränderter Tiere an der Gesamtzahl der Tiere im Versuch ist 2022 mit 53,2 % im Vergleich zum Vorjahr (51,2 %) jedoch gestiegen. Damit wurden im Berichtsjahr 2022 wie schon zuletzt 2021 mehr genetisch veränderte Tiere eingesetzt als nicht genetisch veränderte Tiere. Der Anteil der veränderten Tiere mit und ohne pathologischen Phänotyp ist im Vergleich zum Vorjahr annähernd gleichgeblieben; etwa jedes fünfte genetisch veränderte Tier wies Eigenschaften auf, die sich nachteilig auf dessen Wohlergehen auswirkten (s. Tabelle 3). Zum Einsatz kamen hier insbesondere Mäuse (85 %) und Zebrafische (14 %) (genauere Verteilung, s. Tabelle 20 im Bericht).

Tabelle 3: Zahlen und Anteile der in Versuchen nach § 7 Abs. 2 TierSchG verwendeten genetisch und nicht genetisch veränderten Tieren in den Jahren 2021 und 2022. 

Genetisch veränderte Tiere

           2021

2022     

 

Anzahl

Anteil

Anzahl

Anteil

Nicht genetisch verändert

906.638

48,8 %

807.579

46,8 %

Genetisch veränderte Tiere, davon 

kein phatologischer Phänotyp aufgetreten

pathologischer Phänotyp aufgetreten

952.837


754.156



198.681

51,2 %


40,6 %



10,7 %

918.276


746.933


171.343

53,2 %


43,3 %


9,9 %

Gesamtzahl

1.859.475

100 %

1.725.855

100 %


Schweregrad der Versuche

Der überwiegende Teil der im Jahr 2022 durchgeführten Tierversuche wurde als gering belastend eingestuft (66,3 % der Tiere im Versuch). Der Anteil ist damit im Vergleich zum Berichtsjahr 2021 um 3 % gestiegen (63,2 % im Jahr 2021). Der Anteil der Tiere im Versuch mit mittlerer Belastung ist mit 25,4 % um rund 1 % gefallen, ebenso wie der Anteil an schwerer Belastung, der mit 3,6 % niedriger als in den Vorjahren war (Abbildung 4). Auch der Anteil an Versuchen, die vollständig unter Vollnarkose durchgeführt wurden, aus der die Tiere nicht mehr erwacht sind (keine Wiederherstellung der Lebensfunktion), fiel um fast 2 % von zuletzt 6,4 % im Jahr 2021 auf 4,7 % im Jahr 2022. Eine genaue Aufstellung der Belastung „Versuchszweck und Tierarten“ findet sich in den Tabellen 22-34 des Berichts.

Abbildung 4: Schweregrad der Belastung der Tiere 2022 (§ 7 Abs. 2 TierSchG)

Abbildung 4: Schweregrade der im Jahr 2022 durchgeführten Versuche nach § 7 Abs. 2 TierSchG dargestellt nach Tierzahlen und Anteilen. Für eine größere Version dieser Abbildung klicken Sie bitte hier (PDF-Datei, 1,49 MB). Die entsprechenden Zahlen für 2021 können hier eingesehen werden.  

Wissenschaftliche Versuchszwecke

Obwohl heute schon viele Fragen der Wissenschaft durch den Einsatz von Zellkulturen, Organoiden, mikrophysiologischen Systemen, computergestützten Verfahren und weiteren Alternativmethoden beantwortet werden können, kann derzeit auf den Einsatz von Tieren für wissenschaftliche Zwecke - unter anderem in der medizinischen Forschung - noch nicht verzichtet werden. So dienten rund 55 % der Tierversuche der Grundlagenforschung. Im Vergleich zum Jahr 2021 veränderte sich der Anteil der im Rahmen der Grundlagenforschung eingesetzten Versuchstiere nicht wesentlich. Etwa 14 % der Tiere wurden im Rahmen der Erforschung von Erkrankungen von Menschen und Tieren verwendet (Abbildung 5).

Für die Herstellung und Qualitätskontrolle von medizinischen Produkten oder für toxikologische Sicherheitsprüfungen wurden etwa 16 % der Tiere verwendet. Rund 11 % der Tiere wurden für die Erhaltung von Kolonien etablierter genetisch veränderter Tiere benötigt und wurden nicht in weiterführenden Versuchen eingesetzt. Sonstige Versuchszwecke, wie zum Beispiel zur Arterhaltung und Artenschutz, zur Aus- oder Weiterbildung oder dem Schutz der natürlichen Umwelt, machten rund 4 % der Versuche aus. Die Anzahl der Tiere verteilt auf die einzelnen Versuchszwecke ist detailliert in Tabelle 9 des Berichts dargestellt.

Abbildung 5: Wissenschaftliche Versuchszwecke 2020 und 2021

Abbildung 5: Prozentuale Verteilung der verwendeten Versuchstiere auf die jeweiligen Versuchszwecke für die Jahre 2021 und 2022. Für eine größere Version dieser Abbildung klicken Sie bitte hier (PDF-Datei, 1,49 MB).

Tierversuche in der Grundlagenforschung

Im Jahr 2022 spielten in der Grundlagenforschung insbesondere die Untersuchungen im Bereich des Nervensystems (21 %), des Immunsystems (19 %), im Bereich des kardiovaskulären Systems (13 %) sowie in Bereichen, die mehrere Organsysteme betreffen (multisystemisch, rund 12 %) eine Rolle. Im Vergleich zum  Vorjahr sind diese Zahlen fast unverändert geblieben (s. Tabelle 4).

Tabelle 4: Im Rahmen der Grundlagenforschung im Jahr 2022 verwendete Versuchstiere nach Versuchszweck. 

Grundlagenforschung 
       2021
     2022
Versuchszweck
Anzahl      
Anteil     
Anzahl     
 Anteil     
Onkologie
104.491
10,1 %
100.095
10,5 %
Kardiovaskuläres System
(Blut- und Lymphgefäße)
132.253
12,7 %
123.963
13,0 %
Nervensystem
220.805
21,3 %
196.884
20,6 %
Atmungssystem
16.824
1,6 %
16.302
1,7 %
Gastrointestinales System,
einschließlich Leber
38.602
3,7 %
38.168
4,0 %
Muskuloskelettales System
19.376
1,9 %
16.640
1,7 %
Immunsystem
188.189
18,1 %
180.649
18,9 %
Urogenitales System/
Fortpflanzungssystem
37.428
3,6 %
25.931
2,7 %
Sinnesorgane (Haut, Augen, Ohren)
16.295
1,6 %
24.333
2,5 %
Endokrines System/
Stoffwechsel
57.252
5,5 %
56.305
5,9 %
Entwicklungsbiologie
24.155      
2,3 %
34.965
3,7 %
Multisystemisch
141.330
13,6 %
109.604
11,5 %
Ethologie, Tierverhalten, Tierbiologie
23.444
2,3 %
25.764
2,7 %
Andere Grundlagenforschung
17.487
1,7 %
7.348
0,8 %
Gesamtzahl der in Grundlagenforschung
verwendeten Versuchstiere
1.037.931
100 %
956.933
100 %


Tierversuche in der translationalen und angewandten Forschung

Bei der angewandten Erforschung von Erkrankungen lag im Jahr 2022, wie schon im Vorjahr, ein Schwerpunkt auf dem Bereich der Krebserkrankungen des Menschen. Hier kamen etwa 42 % der in diesem Bereich verwendeten Versuchstiere zum Einsatz (s. Tabelle 5). Im Vergleich zum Vorjahr ist diese Zahl fast unverändert geblieben. Auch der Anteil der Versuchstiere, die im Rahmen der Forschung zu Nerven- und Geisteserkrankungen des Menschen zum Einsatz kamen, blieb mit rund 12 % stabil. Änderungen ergaben sich hingegen bei der Forschung zu muskuloskelettalen Erkrankungen des Menschen. Hier verdoppelte sich die Anzahl der Versuchstiere und der Anteil von niedrigen 0,8 % im Jahr 2021 auf 1,7 % im Jahr 2022. Die im Berichtsjahr 2021 neu eingeführte Kategorie der Tierernährung sank zeitgleich auf von über 5 % im Jahr 2021 auf nur 1,8 % der Versuche im Jahr 2022 innerhalb der translationalen und angewandten Forschung. In den anderen Kategorien ergaben sich nur kleine Veränderungen (siehe Bericht). 

Tabelle 5: Im Rahmen der translationalen und angewandten Forschung im Jahr 2022 verwendeten Versuchstiere nach Versuchszweck. 

Tiere in der translationalen und 
angewandten Forschung 
2021 2022
  Anzahl       Anteil      Anzahl  Anteil 
Krebserkrankungen des Menschen 105.782 39,6 % 100.724 42,0 %
Infektionskrankheiten des Menschen 26.371 9,9 % 25.034 10,4 %
Kardiovaskuläre Erkrankungen des Menschen 9.872 3,7 % 9.743 4,1 %
Nerven- und Geisteserkrankungen des Menschen 32.495 12,2 % 28.101 11,7 %
Atemwegserkrankungen des Menschen 5.842 2,2 % 5.732 2,4 %
Gastrointestinale Erkrankungen des Menschen,
einschließlich der Leber
5.169 1,9 % 4.320 1,8 %
Muskuloskelettale Erkrankungen des Menschen 2.092 0,8 % 4.148 1,7 %
Immunerkrankungen des Menschen 19.326 7,2 % 13.202 5,5 %
Erkrankungen des urogenitalen/
des Fortpflanzungssystems des Menschen
2.547 1,0 % 3.200 1,3 %
Erkrankungen der Sinnesorgane
(Haut, Augen und Ohren) des Menschen
3.119 1,2 % 4.014 1,7 %
Erkrankungen des endokrinen Systems/
des Stoffwechselsystems des Menschen
10.690 4,0 % 10.322 4,3 %
Andere Humanerkrankungen 1.435 0,5 % 1.149 0,5 %
Tierkrankheiten 15.426 5,8 % 12.494 5,2 %
Tierernährung 13.647 5,1 % 4.348 1,8 %
Tierschutz 6.643 2,5 % 5.945 2,5 %
Krankheitsdiagnose 1.486 0,6 % 1.018 0,4 %
Pflanzenkrankheiten 0 0,0 % 0 0,0 %
Nicht-regulatorische Toxikologie
und Ökotoxikologie
5.489 2,1 % 6.391 2,7 %
Gesamtzahl der in der angewandten Forschung
verwendeten Versuchstiere
267.431 100 % 239.885 100 %

Eine detaillierte Aufstellung der Versuchstierzahlen können dem ausführlichen Bericht zu den Versuchstierzahlen 2022 entnommen werden. Eine Aufstellung der Versuchstierzahlen für 2022 aufgeschlüsselt nach Bundesländern und der Bundeswehr findet sich in folgender Excel-Tabelle zum Download.

Rückblick: Versuchstierzahlen 2009 bis 2020

Im Jahr 2020 hat das BfR erstmals die nach der Versuchstiermeldung erhobenen Daten veröffentlicht. Die Auswertungen können hier abgerufen werden.

Eine Darstellung der Verwendung von Tieren in Tierversuchen der Jahre 2009 bis 2019 sowie detaillierte Vergleichsdaten bietet die Webseite des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL), das in dieser Zeit für die Veröffentlichung der Daten zuständig war. 

Zu den Tierversuchsdaten 2009-2019

Aktivitäten zur Förderung des 3R-Prinzips (replacement, reduction, refinement)

Die Bundesrepublik Deutschland ist bestrebt, die Anzahl verwendeter Tiere in Versuchen zu senken. Aus diesem Grund werden verschiedene Maßnahmen ergriffen, Tierversuche möglichst schnell durch Alternativmethoden zum Tierversuch zu ersetzen. Dazu zählen wissenschaftliche Maßnahmen, die durch das Deutsche Zentrum zum Schutz von Versuchstieren (Bf3R) am Bundesinstitut für Risikobewertung umgesetzt und gefördert werden. Die Maßnahmen umfassen auch die Forschungsförderung durch die Stiftung zur Förderung der Erforschung von Ersatz- und Ergänzungsmethoden zur Einschränkung von Tierversuchen (set), verschiedene Fördermaßnahmen des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) zur Entwicklung von Alternativmethoden zum Tierversuch sowie die jährliche Vergabe des Tierschutzforschungspreises des BMEL.

Hintergrundinformation zur Erhebung der Versuchstierzahlen

Am 9. November 2010 ist die EU-Versuchstierrichtlinie 2010/63/EU in Kraft getreten. Deren Umsetzung in nationales Recht im Jahr 2013 hat auch eine Neufassung der Versuchstiermeldeverordnung mit einer Ausweitung der Meldepflicht über die Verwendung von Versuchstieren erforderlich gemacht. So ist seitdem auch die Verwendung von Kopffüßern (beispielsweise Kalmare und Kraken), Larven von Wirbeltieren und die Zucht genetisch veränderter Tiere zu melden. Außerdem ist auch der Schweregrad der Schmerzen, Leiden oder Schäden (keine Wiederherstellung der Lebensfunktion, gering, mittel, schwer), dem die Tiere durch die Verwendung insgesamt ausgesetzt waren, zu übermitteln. Die Erfassung der Verwendung von Tieren in Tierversuchen im Jahr 2014 erfolgte erstmals entsprechend dieser Vorgaben. Am 11. August 2021 wurde die Versuchstiermeldeverordnung dahingehend erweitert, dass nun auch die jährliche Meldung von Tieren, die für wissenschaftliche Zwecke gezüchtet und getötet wurden, aber nicht für solche Zwecke verwendet wurden, erforderlich ist. Die Erfassung der Zahl der sogenannten „nicht verwendeten, getöteten“ erfolgte erstmals für das Berichtsjahr 2021.

Die Europäische Kommission bietet seit 2021 eine durchsuchbare, frei zugängliche Datenbank zur Versuchstierstatistik an (siehe Artikel 54 der EU-Versuchstierrichtlinie 2010/63/EU). Die ALURES-Datenbank enthält statistische Daten über die jährliche Verwendung von Versuchstieren innerhalb der Europäischen Union. Dort ist zudem ein Erklär-Video veröffentlicht, das detaillierte Informationen über den Umgang mit der Datenbank bietet.


Kontakt

E-Mail
versuchstiermeldung@bfr.bund.de

Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL)

Eine Einrichtung im Geschäftsbereich des
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